Wenn der Beamtenbund, der Ärztebund und die Privaten Krankenversicherer sich einig sind, dass die Idee der SPD, eine Bürgerversicherung zu etablieren, quasi der Untergang des Abendlandes sind, dann lohnt es sich, genauer hinzusehen.
Im Jahr 2017 sind in Deutschland 7,8 Millionen Menschen in einer privaten Krankenkasse versichert und rund 62,6 Millionen gesetzlich versichert. In einer privaten Krankenkasse sind insbesondere Selbständige, Beamtinnen und Beamte und Angestellte, die sehr gut verdienen. Privat versicherte Personen profitieren z. B. von schnelleren Arztterminen oder niedrigeren Zuzahlungen für medizinische Hilfsmittel. Auch im Falle eines Krankenhausaufenthaltes genießen sie mehr Komfort und erhalten z. B. Chefarztbehandlungen. Gesetzlich Versicherte haben die eben aufgezählten Privilegien nicht. Im Gesundheitssektor herrscht also eine Zwei-Klassen-Medizin, die es in einer solidarischen Gesellschaft eigentlich nicht geben dürfte. Die von den Sozialdemokraten vorgeschlagene Bürgerversicherung steht so oder so ähnlich auch in anderen Parteiprogrammen, z. B. bei der ÖDP, dort aber nicht unter dieser Begrifflichkeit.
Um was geht es bei der Bürgerversicherung? Ziel ist es letztlich, die Private Krankenversicherung abzuschaffen und dafür zu sorgen, dass alle in einen Topf bei der gesetzlichen Krankenversicherung einbezahlen. Alle heißt also auch Selbständige, Beamte und Gutverdiener. Außerdem sollten alle Einkommensarten zur Berechnung des Versicherungssatzes herangezogen werden: Mieten, Kapitaleinkünfte oder Sonstiges.
Eine Bürgerversicherung, die sich an oben genannten Eckpunkten orientiert, würde unsere Gesellschaft solidarischer machen. Niemand könnte sich aus der Verantwortung für die Gemeinschaft verabschieden und jeder würde gemäß seinem finanziellen Rahmen an den Kosten beteiligt. In der Diskussion wird immer wieder behauptet, dass ohne die privaten Versicherungen das gesamte Gesundheitssystem nicht finanziert werden könnte. Zudem würden Ärzte und Ärztinnen mit eigener Praxis auf privat Versicherte angewiesen sein, weil gesetzlich Versicherte nicht kostendeckend behandelt werden können. Diese Argumente beweisen meiner Meinung nach nur eines: Es läuft etwas gewaltig schief im Gesundheitswesen. Und wer nicht will, dass die Schere zwischen arm und reich weiter auseinandergeht, der muss jetzt handeln. Ob sofort mit dem großen Wurf einer Bürgerversicherung oder in kleinen Schritten hin zum richtigen Ziel. Es muss was passieren!